JOANNA SCHULTE
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Oma G. | Fotografie & Film | 2005/06 & 2010

Oma G. 4.35 min., DV, 2010
Oma G. und meine Bilder Lamdalaserbelichtung/Diasec, 80 x 120 cm, 2005
Der Wasserkocher auf dem Herd Lamdalaserbelichtung/Diasec, je 120 x 80 cm, 2006


Oma G. und meine Bilder | Fotoserie 1

In den Fotoarbeiten “Oma G. und meine Bilder“ wird hinterfragt, wie der Ort der Kunst die künstlerischen Aussage beeinflußt. Die Serie zeigt, wie meine Oma meine frühen Arbeiten in ihrer Wohnung ausstellt. Es entsteht ein eigentümliches Konglomerat aus Bildern und Objekten, das, gerade, weil es gegen sämtliche Regeln der Präsentation von Kunst verstößt, selbst wie eine künstlerische Assemblage wirkt.

Der Wasserkocher auf dem Herd | Fotoserie 2

Joanna Schultes Fotografien kennzeichnet ein offensichtliches Vertrauen in das Sichtbare des Bildes, das sie abhebt vom modischen Trend postmoderner Ironisierungen, Verzerrungen, Verschiebungen und Brüche, die besonders den Verlust einer verbindlichen Aussagekraft des Bildes konstatieren.
Sie führen den Betrachter nicht durch Anwendung technischer Ent- oder Verfremdungsfahren zu einer Neubetrachtung, sondern sie zeigen in dokumentarischer, jegliche Kommentierung und Bewertung vermeidender Manier kleine, unspektakuläre Situationen, die man – da sie im Großen und Ganzen kollektiven Mustern entsprechen - vielerorts vorfinden kann, denen jedoch in der alltäglichen, flüchtigen Wahrnehmung kaum Beachtung geschenkt wird.

Erst in der Wahrnehmung der Fotoarbeiten, in der Perspektive des außen stehenden Kunstbetrachters, erzeugt die gelassene, gleichrangige Präsenz der bunt gemischten Sammelobjekte Dissonanzen, die den Prozess der Reflexion über Inhalte und Bedeutungen sowie über Faktizität und Fiktion in Gang setzen. Verantwortlich dafür sind vor allem die in allen fünf Fotoarbeiten auftauchenden abstrakten Bilder, die wie kleine, in die ansonsten heterogenen, aber dennoch irgendwie stimmigen, unhierarchischen Konfigurationen eingeschleuste Absurditäten anmuten und in ihrer auffälligen Andersartigkeit „fake“- Gedanken evozieren.

Schließlich stellt man überrascht fest, dass diese in gar nichts Aufsehen erregenden Fotoarbeiten zur geistigen Auseinandersetzung mit dem Alltäglichen, mit dem vermeintlich Vertrauten anregen und zum Nachdenken über das Dasein der Gegenstände und damit auch über unsere Wirklichkeit und die jeweils individuelle, sozial determinierte Sicht der Dinge. „Es gibt im Leben Augenblicke, da die Frage, ob man anders denken kann, als man denkt, und anders wahrnehmen kann, als man sieht, zum Weiterschauen oder Weiterdenken unentbehrlich ist.“
Joanna Schultes unverstellter Blick auf die vorgefundenen privaten Szenarien spürt die Kunst in einem lebensweltlichen Zusammenhang auf und dokumentiert ihr situatives Schicksal. Sie macht anschaulich, wie sehr sich der Status von Kunstwerken unter bestimmten Bedingungen und in besonderen privat-persönlichen Konstellationen verändert.
Michel Foucault. Sexualität und Wahrheit. Vol. 2: Der Gebrauch der Lüste. Frankfurt/Main 1986, S. 15., Helen Koriath

 

Oma G. | Film

Eine lieblich anmutende Komposition entführt den Betrachter in die Welt des Märchenwaldes in Bad Harzburg, hervorgehoben ist der Brunnen des Froschkönigs.
Schnell mischen sich das Musikstück und die Stimme meiner Oma, die ihr Erlebnis mit einer Kontaktanzeige bei der Partnervermittlung “Wolke 7” berichtet.

Gespannt folgt man der Erzählung einer Frau, die Flucht und Tod erlebt hat, Verluste von geliebten Menschen zu verzeichnen hat und selbst im hohen Alter, den Glauben an die Liebe und das Vertrauen in die Menschen nicht aufgegeben hat. Doch das Alter schützt nicht, die Verletzlichkeit steigt mit der Einsamkeit. Die Brutalität des Miteinanders ignoriert die Würde, die einem alten Menschen gebührt.
Das Leben ist kein Märchen.


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